Firmengeschichte
Im Mai 1864 bot sich den beiden jungen Bostonern George W. Lyon und Patrick J. Healy in Chicago eine Gelegenheit, die zugleich Chance und Herausforderung war.
Der Verzweiflung nahe blickten sie die Clark Street hinunter, die der Frühlingsregen in eine Schlammpiste verwandelt hatte. Mit staksigen Schritten steuerten sie auf eine Reihe heruntergekommener Holzhäuser zu. „Lass uns nach Boston zurückkehren“, seufzte Lyon, der ältere der beiden. „Da brechen wir uns wenigstens nicht den Hals.“ Der damals erst 24-jährige Healy fand auf den Treppenstufen Halt und blickte sich um. „Nein“, antwortete er, „ich kehre niemals zurück.“
Lyon und Healy waren von dem Bostoner Musikverleger Oliver Ditson beauftragt worden, eine Musikalienhandlung für seine Publikationen zu gründen. Und so eröffneten die Partner am 14. Oktober 1864 ein kleines Geschäft mit einem Grundstock an Noten an der Ecke Washington und Clark Street. Ditson hatte die beiden jungen Männer vorgewarnt, dass sie mit sehr viel Glück in zehn Jahren einen Jahresumsatz von 100.000 Dollar erreichen würden – schon nach weniger als 12 Monaten hatten sie diesen Betrag übertroffen. Nur sechs Tage nach Ladeneröffnung schalteten sie ihre erste Anzeige in der Chicago Tribune neben einem Bericht über den dramatischen „Marsch zum Meer“ des Bürgerkriegsgenerals William T. Sherman. Bald darauf erweiterten Lyon & Healy ihr Geschäft um den Verkauf und Bau von Instrumenten.
Den großen Brand von Chicago im Jahr 1871 überstanden Lyon & Healy nur, weil sie eine ausreichend hohe Versicherung abgeschlossen hatten, um einen Neuanfang zu ermöglichen (im Jahr zuvor hatte bei ihnen schon einmal ein verheerendes Feuer gewütet).
Im Zuge des Wiederaufbaus übernahmen sie das Klaviergeschäft einer anderen Firma und so wurden sie zum einzigen Händler für Pianos von Steinway & Sons im Großraum Chicago. Diese Beziehung sollte für das Unternehmen noch viele Jahre von großer Bedeutung sein – so war Charles H. Steinway einer der Sargträger bei Patrick Healys Beerdigung 1905 und Henry Z. Steinway schenkte Lyon & Healy 1964 zum hundertjährigen Jubiläum ein Gemälde.
Nach dem Wiederaufbau ersann Healy ein neues Werbemittel, ein „Bilderbuch“ bzw. einen illustrierten Katalog, der mit der damals vorherrschenden Tradition brach, Preise nicht zu veröffentlichen und den Verkauf mithilfe von Mustern abzuwickeln. Etwa zu dieser Zeit nahm Healy sich vor, die „weltbeste Harfe“ zu bauen.
Die Idee dazu kam ihm angesichts der ständig in den Werkstätten von Lyon & Healy eintreffenden Harfen, bei denen ein Großteil der Reparaturarbeiten eigentlich unnötig schien. Die Entstehung des Instruments zog sich über Jahre hin, in denen beträchtliche Summen in die Forschung und Entwicklung flossen. Die erste Harfe wurde vor gut 130 Jahren, genauer 1889, fertiggestellt und täglich in der Morgan Park High School in Chicago gespielt, bis sie 1979 an Lyon & Healy zurückgegeben wurde. Heute ist sie im Museo Dell‘Arpa Victor Salvi ausgestellt. Allmählich verkauften sich die Harfen von Lyon & Healy weltweit und wurden schließlich zur Standard-Konzertharfe großer Sinfonieorchester.
Um 1890 begann Lyon & Healy, Harfen in einem Werk westlich der Innenstadt herzustellen. Auch heute noch befindet sich die Produktion in diesem Viertel. Im Jahr 1890 wurde zudem das Modell Style 23 eingeführt, das bis heute die Harfe mit dem weltweit höchsten Wiedererkennungswert ist. Ihre aufwendigen floralen Schnitzereien an Kopf, oberem Säulenende, Fuß und Stützfüßen in Kombination mit dem Lilienmuster am unteren Säulenende zeugen von der großen Kunstfertigkeit der Handwerker von Lyon & Healy.
Bei der World‘s Columbian Exposition 1893 in Chicago war Lyon & Healy mit einem zweistöckigen, mit Terrakotta und Gold verzierten Pavillon vertreten, in dem nicht nur die Harfen präsentiert wurden, sondern auch an jedem Tag der sechs Monate dauernden Weltausstellung Konzerte stattfanden. Für die zahlreichen Verbesserungen an diesem jahrtausendealten Instrument verlieh die Jury der Harfenkollektion ein Diplom mit Auszeichnung.
Anfang des 20. Jahrhunderts hielten mechanische Wiedergabegeräte und Musikinstrumente Einzug in die Musikwelt. Einige der ersten Stücke auf Edisons Wachswalzen-Phonographen mit Handkurbel erklangen im Geschäft von Lyon & Healy, das bis zur Jahrhundertwende zum größten Musikhaus der Welt angewachsen war. Zum Sortiment gehörten ebenso Noten aus jedem anerkannten Verlagshaus wie eine breite Palette an hochwertigen Klavieren und Orgeln. Kapellen marschierten im Takt, den von Lyon & Healy gebaute Instrumente vorgaben, und gefeierte Violinisten erstanden seltene alte Geigen aus der firmeneigenen „Schatzkammer“. Die goldgekrönte Lyon & Healy Harfe stand in jedem Konzert- und Opernorchester von Chicago bis Tokio, und Grammophone waren bald aus keinem Haushalt mehr wegzudenken.
Als Lyon & Healy im April 1922 als eines der ersten Chicagoer Unternehmen eine kommerzielle Radiosendung sponserte, steckte der Rundfunk noch in den Kinderschuhen. So hieß es in der Zeitungsanzeige, die das Programm ankündigte, vorsichtshalber, die Übertragung würde von Lyon & Healy präsentiert werden, „sofern das Wetter es zulässt“.
1928 stellte Lyon & Healy die Salzedo-Harfe vor, die in Zusammenarbeit mit dem legendären Harfenisten Carlos Salzedo entworfen worden war. Noch heute ist sie mit ihrem zeitlosen Art-déco-Design, dessen klare Linien und Kanten ihr ein markantes, unverkennbares Profil verleihen, ein absoluter Klassiker.
Ein revolutionäres Instrument präsentierte das Unternehmen 1935: Die Weltwirtschaftskrise war noch nicht ausgestanden, die Menschen verdienten weniger und zogen vermehrt in Stadtwohnungen und kleinere Häuser. Pianobauer standen vor der Herausforderung, ein gutes Instrument zu entwickeln, das weniger Platz einnahm und weniger kostete. Die Lösung war das Kleinklavier und Lyon & Healy war der weltweit erste Händler, der dieses besondere Instrument, dem die Klavierindustrie ihre Wiederbelebung verdankte, ins Sortiment aufnahm, ausstellte und verkaufte.
1959 brachte Lyon & Healy das moderne Harfenmodell Style 30 auf den Markt, das sich durch eine revolutionäre Bauweise, eine edle, klassische Optik und eine Formgebung auszeichnete, die ihm einen einzigartigen, bei Orchestermusikern sehr beliebten Klang verlieh. Drei Jahre später folgte mit der Troubadour ein weiteres neues, aber kleineres Instrument, das sich mit einem verhältnismäßig günstigen Preis an Anfänger und Hobbymusiker richtete.
1964 stellte das Unternehmen anlässlich des 100-jährigen Firmenjubiläums und des 75. Geburtstags der Lyon & Healy Harfe ein neues, elegantes Modell im Stil der Zeit vor: die Centennial Style 100. In den 1970er-Jahren lief das Geschäft mit den Harfen bei Lyon & Healy immer noch blendend. Insgesamt war das umfassende Produkt- und Serviceangebot aber nicht mehr tragfähig, und so beschloss das Unternehmen, sich ganz auf den Bau und Verkauf von Harfen zu konzentrieren.
Durch technische Fortschritte konnte die lange Wartezeit für Pedalharfen bis 1982 erheblich verkürzt werden. 1985 produzierte Lyon & Healy mit der „Folk-Harfe“ als erster Hersteller großer Harfen ein kleines Modell ohne Pedal in großer Stückzahl. Dank der kompakten Größe und des geringen Gewichts war sie leicht zu transportieren und selbst kleinste Spieler konnten mühelos alle Saiten erreichen. Im selben Jahr wurde die Style 85 eingeführt, eine erschwingliche Pedalharfe mit schlichtem, elegantem Design. Heute umfasst die Style-85-Reihe fünf verschiedene Größen und gehört zu den weltweit meistverkauften Modellen.
In den 70er- und 80er-Jahren blickte Lyon & Healy Harps im Zuge eines Eigentümerwechsels einer ungewissen Zukunft entgegen: 1987 überraschte Victor Salvi, Gründer der italienischen Harfenmanufaktur Salvi Harps, die Branche mit der Übernahme von Lyon & Healy. Dies ermöglichte der Firma, sich wieder voll und ganz auf den Bau der Lyon & Healy Harfe zu konzentrieren, wie sie es seit 1889 getan hatte.
2003 stellte Lyon & Healy die Silhouette vor, eine elektrische Hakenharfe mit einer schlanken, innovativen Form, die sowohl mit Ständer als auch mobil gespielt werden kann. Mit ihrem verhältnismäßig geringen Gewicht von etwas über 7 kg gestattet sie Harfenisten, sich nicht nur im Spiel, sondern auch in ihren Bewegungen frei auszudrücken.
Heute gehört Lyon & Healy Harps mit seinen nach wie vor in Chicago in Handarbeit gefertigten Harfen noch immer zu den renommiertesten Instrumentenbauern der Welt.
Im Bewusstsein seiner Vorreiterrolle im Harfenbau unterstützt Lyon & Healy die Harfengemeinde mit Preisen für so prestigeträchtige Wettbewerbe wie die USA International Harp Competition und den International Harp Contest in Israel sowie mit der Veranstaltung von Konzerten, Kompositionsaufträgen und der Veröffentlichung von Harfenmusik.
Anlässlich des 150. Firmenjubiläums erklärte Bürgermeister Rahm Emanuel den 4. Juni 2014 in Chicago zum Lyon & Healy Harps Day – „als Anerkennung für den fortwährenden Beitrag von Lyon & Healy Harps zur Kulturlandschaft der Stadt“.
Wenden Sie sich für weitere Informationen bitte an Keri Armendariz, Marketing Director, +1.312.786.1881 x 307.